In Gita Ferlins essayistischem Porträt eines jungen Asylwerbers in Österreich bleibt der Protagonist unsichtbar, verbannt aus dem Bild, nur als frei umherschwebende Stimme existent, nicht zu verorten. Die beklemmenden Schilderungen seines der Mündigkeit beraubten Lebens, das nunmehr von Furcht, Armut, Scham und Perspektivlosigkeit bestimmt wird, verdichten sich in kontemplativen Raumtableaus des schäbigen Wohnheims und im Sound: Enge, die keine Entfaltung ermöglicht. Wände, Gitter, verschlossene Türen, die eine/n gefangen nehmen. Ein Ausblick auf Bahngleise, der die permanente Angst vor Abschiebung ebenso spürbar macht wie der Verkehrslärm, der unentwegt präsent ist. Eine sensible und eindringliche Annäherung an eine unbehauste Existenz, ein Dasein zwischen Kerker und Transit. (Digonale)
Drei Begebenheiten aus dem Alltag: Ein Ausflug, eine Migräneattacke und ein Nachmittag auf dem Sofa. In wenigen, beinahe statischen Bildern entsteht mit leisem Humor und Ironie ein Stimmungsbild aus der Mitte des Lebens – zwischen Überdruss und Behaglichkeit, zwischen Kommunikation und Kontemplation.
Eine zu kleine Durchfahrt, eine Familienkutsche, ein absterbender Motor und ein Abstand, den man fatal unterschätzt: Nachdem die Performancekünstlerin Carola Dertnig in ihrer Serie TRUE STORIES bereits die unterschiedlichsten Alltagssituationen hin auf ihr Slapstick-Potential hin erprobt und auf Genderstereotype abgeklopft hat, ist in … A CAR … das Autofahren an der Reihe. Schauplatz ist die Wiener Apollo Garage. Der Versuch, aus dem System Parkgarage zu entkommen, führt zu haarsträubend akrobatischen Verrenkungen der als „heißer Feger“ gestylten Künstlerin und in ein lyrisch-absurdes Autogedicht, mit dem sie sich auf die Performerin Simone Forti bezieht. Am Ende steht über dem Ganzen nichts als die Aufforderung zu „Reinlichkeit und Ruhe“.
Felder, Bauernhöfe, Windräder … Ein GPS-kontrollierter Traktor fährt alleine durch die Landschaft. Die Maschine ist nicht mehr nur Produktionsmittel. Haben wir uns von der Arbeit endlich befreit und gänzlich verzichtbar gemacht?
Eine Nebenrolle in Roman Polanskis ROSEMARY’S BABY sollte der traurige Höhepunkt von Elmer Modlins Schauspielkarriere sein. Danach verlässt er mit seiner Frau Margaret und Sohn Nelson die USA. In Madrid führen sie für die nächsten 30 Jahre in einer großzügigen Wohnung ein zurückgezogenes Leben. Margaret widmet sich voll und ganz ihrer Kunst. Elmer glaubt an sie. Und Nelson muss für die riesigen, symbolträchtigen Bilder posieren. Anhand von Fotos und Videomaterial, das nach dem Tod der Modlins in einer Kiste auf der Straße gefunden wurde, rekonstruiert Sergio Oksman ihr geradezu schauerliches Schicksal und vollzieht dabei eine interessante Gratwanderung zwischen Fiktion und Wirklichkeit.
Zu unheimlich, zu traurig und zu gut ist diese Geschichte, um erfunden zu sein. ROSEMARY’S BABY in fast forward gibt dabei prophetisch den Ton an: von der Schauspielkarriere, die nicht werden will, von religiösem Eifer und seltsamen Dingen, die hinter Vorhängen geschehen. Bis zuletzt geheimnisvoll bleibt diese aus Puzzlesteinen meisterlich montierte Skizze. Und die Pointe: Der Zufall und ein fremder Künstler schenken den Modlins die Anerkennung, nach der sie sich zeitlebens sehnten. (Viennale)
Der Hund Bob leidet unter Blähungen und vertreibt mit seinen Fürzen die BesucherInnen des Zoogeschäfts. Aber eines Nachts bekommen die Tiere Besuch vom Pupsgeist und alle dürfen sich etwas wünschen. Diese verrückte Geschichte haben sieben Kinder zwischen 8 und 12 Jahren im Filmatelier des belgischen Animationsfilmstudios Camera-etc – nur mit ganz wenig Hilfe von Erwachsenen – geschrieben, gezeichnet und animiert.
In ihrer Kurzfilmserie RECYCLERS ließ die Animationskünstlerin und Sounddesignerin Nikki Schuster Fundstücke aus dem Müll verschiedener Großstädte tanzend eine eigene Subkultur begründen. In der experimentellen Stop-Motion-Foto-Animation ABSENT geht sie noch einen Schritt weiter und findet Leben dort, wo das menschliche längst abgezogen ist: In leerstehenden Gebäuden in Spanien, Bolivien, Mexiko, Bosnien, Kroatien und Deutschland taucht ein mikroskopischer Blick unvermittelt in enge Plastikschläuche und staubige Mauerritzen ein. Gleißendes Licht wechselt in den mit Bauschutt und Müll angefüllten Räumen mit der Schwärze verborgener Winkel. (Maya McKechneay)
In ACHILL tritt eine Frau aus ihrer Welt, um einen Mann zu treffen. Die Begegnung verläuft desillusionierend, die Frau zieht sich am Ende wieder zurück. Sie ist Künstlerin, she animates films. Der Film, den sie gerade animiert, ist ein Film über diese Begegnung und darüber, wie Schärfe und Unschärfe einander ausschließende Bewusstseinszustände sind. (Sylvia Szely)
Tavi, ein Mann Ende 30, kommt zu seiner Ex-Frau, um das Fahrrad seiner vier Jahre alten Tochter, Alexandra, zu reparieren. Irritiert muss er feststellen, dass Alexandra ihn nicht mehr „Papa“ nennt. Was hat sich geändert? Auch für seinen Kurzspielfilm ALEXANDRA erhielt Radu Jude wichtige Filmpreise wie den Hauptpreis der Kurzfilmtage Oberhausen.
Was wäre, wenn es einen Ort gäbe, an dem wir in Rückblenden unsere Beziehungen wieder erleben könnten? In diesem Archiv der Erinnerungen werden wir Zeugen der Geschichte von Amélia and Duarte, die ihre Liebe verloren haben und nun versuchen, mit ihren Gefühlen zurechtzukommen. Ihr Verlust sitzt so tief, dass sie versuchen, alle Gedanken an den anderen zu zerreißen und auslöschen. In einer Kombination aus Stop-Motion-Bildern und Collagen begleiten Alice Guimarães und Mónica Santos das frisch getrennte Paar in dieser schmerzhaften Zeit.
Zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdbestimmung: Eine kurze Paint-on-Glass-Animation von Maria Chalela-Puccini über das Dilemma der eigenen Identität. Preisträgerin des Hubert-Sielecki-Preis für einen österreichischen Animationsfilm bei Tricky Women 2015.
In einem weißen Zimmer zeugen die gealterten Körper der Schauspielerin Françoise Graton und des Schauspielers Gilles Pelletier von einer Liebe, die stärker ist als die Zeit. Es entwickelt sich ein fesselnder Dialog des Begehrens, der dem Alter, der Trägheit und dem Tod die Stirn bietet.
Eine junge Frau, offenbar auf Regenwetter eingestellt, erkundet einen leeren Parkplatz. Zwischen Pfützen entwickelt sie einen spielerischen Tanz. Ihre abrupt wirkenden Bewegungen werden dabei zunehmend rhythmischer, bis sie in eine Fantasiewelt driftet, an einen magischen Ort, an dem ihre Gummistiefel zum Leben erwachen.