FILMARCHIV
ABITA
Shoko Hara & Paul Brenner • Deutschland 2013 • 4 minScreening: OmeU • Streaming: OmdU
Blühende Kirschbäume, klare Seen, weite Wiesen. Die Freiheit erscheint wie ein fragiles Traumbild, wie Tusche auf Reispapier. Auf poetische Weise konturiert ABITA ein kleines Mädchen, das sich von der Sehnsucht nach Freiheit getrieben seine eigene gemalte Welt erschafft. In ca. 5.000 in japanischer Tuschemaltechnik hergestellten Einzelbildern erzählen Shoko Hara und Paul Brenner eine von 36.000 Geschichten von Kindern in Fukushima, die aufgrund der radioaktiven Strahlung nicht mehr in der kontaminierten Natur spielen können.
BACK TRACK
Virgil Widrich • Österreich 2015 • 7 min • eOFEin audiovisuelles Spiegelkabinett in rasend schönem Schwarzweiß. Virgil Widrich kompiliert Filmausschnitte aus den 1950er- und 60er-Jahren zu einem Bilder-Remix, der sich durch Mehrfachprojektionen auf präzis platzierte Spiegel und Leinwandkonstruktionen in die (von Hand gebaute) Dreidimensionalität übersetzt: Direkt in der Studiokulisse und mit ihr interagierend legen sich die Bildebenen im wortwörtlichen Sinn vor-, über- und hintereinander, einmal zerbersten sie gar im Beschuss von Pistolenkugeln. Wie sich auch Traum, Wahn und Wirklichkeit in Korrespondenz mit dem Metanarrativ verschränken und auflösen, bis nur eine einzige Wahrheit Bestand hat: »Looking at something changes it.« (Diagonale)
BICYCLE SAMBA
Sophie Clements • Großbritannien 2004 • 1:55 min • kein DialogLautsprecher aufgedreht und Ohren gespitzt: Keine zwei Minuten dauert diese sensationelle Kollaboration von Videokünstlerin Sophie Clements und Sound-Tüftler John Hendicott, aber diese zwei Minuten sind die reinste Freude. Samba auf zwei Zweirädern!
BOING DOING SQUEAK PING
Lisan Peters • Niederlande 2013 • 1 min • kein DialogAlles beginnt mit einem dezenten »Pling!«. Andere Töne kommen hinzu, Figuren nehmen die Gestalt dieser Töne an und beginnen in einem gemeinsamen Rhythmus zu tanzen, schneller, schneller und immer schneller …
BOND
Judit Wunder • Ungarn 2016 • 10 min • kein DialogEine einsame Frau sehnt sich nach Liebe und begegnet einem Schattenwesen, das aussieht wie eine Katze.
CEROLAX II
Mara Mattuschka • Österreich 1985 • 5 min • OmdU (HoH)In CEROLAX II, einer Werbe-Persiflage Marke Mara Mattuschka, Realtrick in Schwarzweiß, bewirbt der Star Mimi Minus ein neues klebrig-schwarzes Gehirnspülmittel, das M. M. erst auf ihr Spiegelbild anwendet, um eine Gehirnhälfte reinzuwaschen, und das sie in der Folge auf ihren Körper aufträgt: Sie besprüht alle Zeich(nung)en, ersetzt diese Flecken durch die neue Farbe, verklebt dann mit dem Wundermittel ihre Sinne: erst die Scham, dann die Achseln, schließlich Augen, Mund und Ohren. Am Ende setzt die leicht devastierte und solchermaßen gereinigte Hausfrau eine Perücke auf und richtet ihren Blick prüfend in den Kamera-Spiegel. (Christa Blümlinger)
CET AIR LÀ
Marie Losier • USA 2010 • 3 min • OFApril March und Julien Gasc performen in New York a capella »Cet air la«, einen berühmten französischer Song aus dem Jahr 1963 (bekannt vor allem durch die Interpretation von France Gall). Dabei fliegen sie gleichzeitig durch eine Welt von Wolken, Vögeln, Blasen, Nebelmaschinen und Glitzer. Marie Losier und ein 16mm-Projektor machen’s möglich und verleihen dem Song eine traumhafte Textur.
CHARCOS
Juanjo Giménez Peña • Spanien 2017 • 8 min • OmdU (HoH)Ein Junge wird von seiner Mutter vor der großen Pause aus der Schule abgeholt, die Fahrt geht ins Ungewisse. Meditation in Schwarzweiß-Fotografien und -Videoaufnahmen über das Ende einer Kindheit, das durch die erste Berührung mit Vergänglichkeit markiert wird.
COPY SHOP
Virgil Widrich • Österreich 2001 • 12 minScreening: OmdU (HoH) • Streaming: kein Dialog
Ein Mann erwacht, richtet sein Haar vor dem Spiegel, tritt auf die Straße, um seinen vertrauten Weg zur Arbeitsstätte anzutreten. Erst dort, am Kopierer, nachdem er seine Hand (gleich seiner Identität) abgelichtet hat, gerät die Welt aus den Fugen. Der Mann wird die Filmkader fortan unaufhörlich reproduzieren – zuerst taucht ein Doppelgänger auf, schließlich wuchern seine Doubles sogar ins Unermessliche.
Grobkörnige Schwarzweißbilder sowie die bis auf Geräusche rein musikalische Untermalung rücken COPY SHOP in die Nähe einer Groteske, des Pastiches eines kafkaesken Szenarios, in dem noch einmal ironisch das Verschwinden jedweder Orginalität durch die Medien verkündet wird – eine Ebene, die der Film vom anderen Ende her schon in seinem Produktionsprozess reflektiert: Auf Video gedreht, wurden die Bilder aus dem Computer ausgedruckt und dann nochmals mit Trickfilmkamera animiert. (Dominik Kamalzadeh)
DEAR LITTLE TIM
Chayanit Kiatchokechaikul • Japan 2016 • 3:10 minScreening: OmdU (HoH) • Streaming: OmeU
Der kleine Tim hat seine ganz eigene Ausdrucksweise um zu zeigen, wie er sein kleines Universum begreift.
DER MENSCH MIT DEN MODERNEN NERVEN
Bady Minck & Stefan Stratil • Österreich/Luxemburg 1988 • 6:50 min • OFEine Pyramide, gar nicht statisch, vielmehr durch Kamerafahrten, Schnitte und Überblendungen immer rascher in Bewegung gebracht. Die Kino-Illusion führt die einzelnen Teile durcheinander, fügt sie zu einer symbolhaften Zeichnung der regen Gedankengänge von Adolf Loos: Eine Hochgeschwindigkeitsfahrt durch das Rückenmark des revolutionären Architekten. (Peter Illetschko)
Zahlreiche Filmemacher*innen haben die Stadt filmisch dargestellt, aber nur wenige haben mit dem architektonischen Material an sich gearbeitet. Aus dieser Sicht ist der Fall der Wiener Filmregisseure Bady Minck und Stefan Stratil ziemlich beispielhaft. Für ihren Film DER MENSCH MIT DEN MODERNEN NERVEN stellten sie ein Modell nach den Skizzen des Architekten Adolf Loos her, die dieser 1923 für ein Rathausprojekt in Mexiko-City entworfen hatte. Bei dem von Loos geplanten Gebäude handelt es sich um eine Stufenpyramide, die im filmischen Prozess in ein abstraktes Spiel der geometrischen Formen, der Lichter und Schatten gebracht wird, dass an bestimmte Filme der 1920er Jahre erinnert, etwa an ORGELSTÄBE von Oskar Fischinger (1923-1927). Über die Animation des Modells weit hinausgehend, beschäftigt sich der Film mit Adolf Loos‘ architektonischen Konzepten zur Fläche und zum Volumen des Raums. (Jean-Michel Bouhours)
DIE GESCHICHTE MIT DER KATZE UND DEM HUND
Jesús Pérez & Gerd Gockell • Schweiz 2015 • 6 min • kein DialogEine Katze, ein Hund, ein Mann und eine Frau treffen auf den weißen Seiten eines Buches aufeinander. Als es turbulent wird, müssen alle zusammenhalten. Damit am Ende alle auf der sicheren Seite sind.
DOUBLE 8
Christiana Perschon • Österreich 2016 • 3 min • stummZwei Handkameras, zwei Rollen Doppel-8-Material, vier Kader: In ihrer filmischen Begegnung nehmen sich Christiana Perschon und Linda Christanell – zwei Künstlerinnen aus unterschiedlichen Generationen des österreichischen Avantgardefilms – gegenseitig in den Blick, agieren zugleich als Filmende und Protagonistinnen miteinander. Zu zweit, mit je einer Kamera, entstehen so vier Bilder, die – im Split Screen auf der Leinwand angeordnet – den visuellen Vergleich nahelegen: Was ähnelt sich und worin? Wo entstehen Brüche? Wie verhalten sich die Gefilmten und die Filmenden zueinander? (Diagonale)
EIN MANN, ACHT KAMERAS
Naren Wilks • Großbritannien 2014 • 2:30 min • kein DialogEin mitreißender Tanzfilm in Schwarzweiß: Zuerst ganz allein, dann zu zweit, zu dritt … zu acht! Ein Mann erforscht mitten in einem kreisförmigen Raum ein merkwürdiges Phänomen: Mit Hilfe von acht Kameras lässt er eine sich endlos drehende, spiegelgleiche Welt entstehen.
ES HAT MICH SEHR GEFREUT
Mara Mattuschka • Österreich 1987 • 2 min • OmdU (HoH)Und der alte Kaiser sagte: »Danke, es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!« (Mara Mattuschka)
In ES HAT MICH SEHR GEFREUT wird die berühmte kaiserliche Zitatphrase mit einem ironisch angelegten Masturbationssetting verkoppelt.