TWINNI ODER SO

Sommer, Sonne, Sonnenschein draußen. Bibi, Claudia, Langeweile drinnen, im Hinterzimmer. Das Hinterzimmer gehört zur Buchhandlung und die Buchhandlung gehört Claudias Mama. Claudia hat einen Fetzen auf Mathe und darf nicht raus, Bibi hilft ihr beim Zeit Totschlagen, die Mama ist grad nicht da und soll ein Eis mitbringen. (Lisa Weber)

Dieser Film ist ein kleines Radikal-Monument. Ein paar Momente aus dem Leben zweier Mädels, denen einfach nur »urfad« ist. (…) Lisa Weber hat eine Gabe: Sie spielt ihre Figuren aus all den Zuschreibungen und Bedeutungsebenen frei und betritt damit eine Terra Incognita des österreichischen Gegenwartskinos. Den Jugendfilm. Keinen, in dem die Gefühle, Gedanken, Idiome, Milieus hinterfragt werden. Sondern einen, der einfach ist, in all seiner schnöden Alltäglichkeit und Bedeutungslosigkeit. Das Leben halt. (Markus Keuschnigg)

SATELLITES

SATELLITES zeigt Bilder eines rätselhaften, auf der Videoplattform YouTube verbreiteten Ohnmachtsrituals unter Jugendlichen. Im Mittelpunkt stehen die Pose, Geste und Berührungen. Körper werden aus dem »entkörperlichten« Raum des Internets herausgelöst und in den sozialen Kontext des Kinos eingebettet. (Crossing Europe)

MUSIK

Ein korrupter Beamter, der eigentlich nur raus will – aus Job, Routine und Abwärtsspirale. Und stattdessen etwas ganz anderes möchte, so etwas wie Musik. In einer heiter-tragischen Gratwanderung zwischen Absurdität und entwaffnendem Realismus erzählt Stefan Bohun von einem liebenswerten Realitätsverweigerer, der ausgerechnet in der pubertierenden Freundin seiner Tochter eine glühende Bewunderin findet. (Diagonale)

MUSIK widersetzt sich der Gleichsetzung von gesellschaftlichem Scheitern – Scheidung, Pfändung, Korruption – und persönlicher Niederlage. »Was bist du für ein Opfer?« wird Andreas von seiner Tochter abgemahnt – und wächst als latent anarchischer Verweigerer der Selbstaufgabe über sich selbst hinaus. Mit feinem Gespür für die richtige Balance zwischen Tragik und Komik und präzise gesetzte Pointen begeisterte Stefan Bohun die Jury der Diagonale 2014, die MUSIK mit dem Preis für den besten Kurzspielfilm auszeichnete.

ARBEIT 2.0

ARBEIT 2.0 verarbeitet Passagen aus dem Hörspiel HEIDI HOH 3 von René Pollesch zu einem überdrehten Werbeclip, der sich wiederum mit den speziellen Arbeitsbedingungen in genau diesem Feld beschäftigt. Formal wird die Sprache aktueller Werbespots aufgegriffen. Typographie, Icons, Logos und Download-Balken werden eingesetzt, um Themen wie Prekariat, Generation Praktikum und Computerarbeitsplätze die gleiche populäre Ästhetik zu verpassen, wie es sonst nur bei Limonade, Turnschuhen, Schokoriegeln & Co. der Fall ist.

GFRASTA

»Ich bin 13 Jahre alt, ich hab‘ eine Schwester, die was behindert ist, sie ist vier Jahre jünger als ich; meine Mutter is‘ sauschiach, und mein Vater is‘ a Volltrottel, verstanden?«

Vor dem Hintergrund von Wohnsilos an der Peripherie Wiens stänkern drei Mädchen aus Fadesse. Ihre Gesichter und Haltungen sind leer, abgestumpft und doch voller Aggression, ihre Taten erniedrigende Machtspiele, in kruder Mundart vorgetragen, geboren aus Mangel an sozialen Strukturen. Ruth Mader ordnet die Figuren fast statisch an den Betonwänden an und schöpft daraus eine bedrohliche Kinetik. (Dominik Kamalzadeh)

GFRASTA, entstanden während des Studiums an der Filmakademie Wien, wurde 1999 mit dem Max Ophüls Preis in der Kategorie Kurzfilm ausgezeichnet.

O QUE RESTA

Nach einem knappen Jahrhundert wird der Haushalt einer Lissabonner Familie aufgelöst und avanciert zum Angelpunkt einer biografischen und zeitgeschichtlichen Erkundung. Was bleibt – o que resta –, sind die Erinnerung, die den Räumen anhaftet, sowie ein unregelmäßig geführter innerfamiliärer Briefverkehr. Während die Kamera die Zimmer abtastet und den weiteren Weg der zurückgelassenen Möbel und Gegenstände nachzeichnet, zeugen die fragmentarisch im Off montierten Nachrichten vom Vergehen der Zeit: Kinder werden zu Eltern, persönliche und historische Tragödien deuten sich an, Leben werden gelebt. Wenn sich textliche und visuelle Spuren wie beiläufig überschneiden, scheint die Zeit für einen Moment stillzustehen. Trotzdem oder gerade weil eine neue Familie die Wohnung beziehen wird. Im Herzen von Lissabon. (Diagonale)

EIN PROZESS. DAS PROTOKOLL.

In EIN PROZESS. DAS PROTOKOLL. wird der Ablauf eines als vermeintlich locker geplanten Abends unter Bekannten nacherzählt, der mit einer Vergewaltigung endete. Abwechselnd reiht Fiona Rukschcio fragmentarische Aussagen der jungen Frau und des Angeklagten aneinander, die nüchtern von Stimmen aus dem Off verlesen werden und die Geschehnisse jener Nacht Stück für Stück rekonstruieren. Die protokollierten Schilderungen klaffen dabei immer weiter auseinander, die Formulierungen des Angeklagten wirken wie einstudiert – und nicht zuletzt über dessen Ungerührtheit transportiert sich auch die emotionale Distanziertheit, die einem juristischen Prozedere innewohnt.

In dieser dokumentarischen Arbeit, die keine intakten Bilder liefert, dominiert das gesprochene Wort: Ein körperlicher Übergriff wird für ein Gerichtsverfahren beschrieben. Die fehlende Sichtbarkeit der seelischen Gewaltausübung findet als blinder Fleck auf der visuellen Ebene ihre Entsprechung: Schwarzkader markieren Leerstellen, die sich in der Montage zwischen die verschiedenen Segmente schieben. Dem Umstand, einen Gewaltakt paragraphisch erfassen zu wollen, begegnet Fiona Rukschcio mit beklemmender Unschärfe. (Jana Koch)

INTO THE WHITE – PORTRAIT EINES FREUNDES

Das intime Porträt eines drogenabhängigen Linzers, der von seiner Sehnsucht nach einem geordneten Leben erzählt. Fragile Schwarz-Weiß-Aufnahmen vom rauchenden Protagonisten im nebelverhangenen Linz mischen sich mit atmosphärischen Gitarrensounds und den bestechend ehrlichen Statements eines gezeichneten Träumers. (Diagonale)

TÜRKIS – BLAU (STRASSENSICHT)

Türkis-Blau ist eine warme Farbe? Nun, wenn man gerade gegen Österreichs Koalitionsregierung aus Parteien selbiger Farbtöne demonstriert, ist sie regelrechter Zündstoff! Auf 8mm-Film gebannt und im altmodischen, an Wiener Demos vergangener Jahrzehnte erinnernden Look, endet diese kompakte Zeitkapsel der Proteste um Ibizagate sehr passend – mit den Vengaboys! (Neil Young)

ATTWENGER: FOISCHES VIECH

»mir kumt vor i fuadad des foische viech / klaumma auf applaus klaumma zua / wo is des richtige viech für mi / klaumma auf wo iss klaumma zua« – Die dritte Musikvideo-Kollaboration des Duos Attwenger mit Ulrike Swoboda-Ostermann ist eine temporeiche und farbenfroh überbordende Mixed-Media-Collage aus Kinderbuch, Illustration, Fließtext und digitaler Distortion.