APPLAUS, APPLAUS

Nachtrag zur COVID-19-Pandemie: In ihrer Kurzanimation kommentiert Sarah Braid pointiert die Verbindung zwischen der ökonomischen Situation von Menschen in systemerhaltenden Berufsgruppen, deren körperlicher und emotionaler Verfassung und einem Gefühl individueller Ohnmacht.

CHICKENSSUIT – ERNI

Hendl Erni ist keineswegs irritiert, dass man es in einen rotweißroten Anzug gesteckt hat. Auch das Eierlegen würde funktionieren in diesem »Chickenssuit«, den ihm Edgar Honetschläger 2005 für eine Kunstaktion in Tokio auf den Leib geschneidert hat. Die mittlerweile global patentierte Kleidung für Hühner ist eine Reflexion über die Befindlichkeit der industrialisierten Welt. Nicht der Anzug mit Tragegriff ist das Ergebnis, sondern unsere Lust auf schräge Bilder und damit zu weckende »Bedürfnisse«, selbst auf absolut Unnötiges.

GEH VAU

Anton ist verwirrt, als er Thea zu ersten Mal zu Hause besucht. Sie hatten neulich tollen Sex, jetzt kommt es ihm aber komisch vor, dass Paula sich ebenfalls in der Wohnung befindet und bereits über die gemeinsame Nacht informiert ist.

Die Protagonist*innen im Kurzspielfilm der Musikerin, Autorin und Filmemacherin Marie Luise Lehner probieren Geschlechterrollen an und aus und sprechen offen über Träume und Lust. So geht Konsens und Vertrauen, so werden Allianzen und Verzauberung etabliert, Begehren und Intimität ausgehandelt und in Worte gefasst. GEH VAU erweist sich, in selbstverständlicher Leichtigkeit, als unpädagogisches Lehrstück einer Gender-Utopie im Alltag. (Fiona Sara Schmidt)

A PERFECT ME, A PERFECT YOU

»I am going to tell you a story about a perfect me and a perfect you.« – Mit minimalistischen Filzstiftzeichnungen und Voice-over reflektiert Dina Bukva über Körper-Bilder, Schönheitsideale, Selbstinszenierung und den Kampf um soziale Inklusion durch virtuelle Likes in Zeiten von Instagram und Facebook.

CASTING TAPES

Eine Geschichte in unterschiedlichen Variationen: Gecastet wird die Rolle der jungen, erfolglosen Schauspielerin. Die Bewerberinnen wissen nicht, dass sie im Moment des Vorsprechens bereits Teil des Films sind. CASTING TAPES ist ein schmerzhaft-humorvolles Panoptikum des Schauspielberufs. Ein reflektierter semidokumentarischer Blick auf Versuche künstlerischer Selbstverwirklichung. (Diagonale)

BADESCHLUSS

19:30 Uhr im städtischen Strandbad. Eine antiquierte Sehnsuchtsmelodie erklingt: Badeschluss. In einer einzigen Einstellung erzählen Peter Roehsler und Hanne Lassl mehr über ein (Wiener) Lebensgefühl als so mancher Langfilm. Dabei ist die Simplizität der Versuchsanordnung eine bloß vorgebliche. Wenn die Filmemacher*innen den Alltag mit der feinen Klinge der Beobachtung sezieren, ist die Wahrnehmung – wie beim Blick in einen venezianischen Spiegel – abhängig vom Standpunkt der Betrachtung. (Diagonale)

KROCHACARRALDO

Ein Film über einen Filmdreh, über Wahnsinn und Scheitern. Für einen Vorfilmwettbewerb ersinnt Regisseur Christoph Schwarz eine groteske White-Trash-Adaption von Werner Herzogs Klassiker FITZCARRALDO. Auf einem Floß aus Plastikmüll soll ein waschechter Wiener »Krocha« die Donau hinabfahren. Doch alles läuft aus dem Ruder. Wahndreist samt Neon Cap – Kinski meets Jumpstyle. (Diagonale)

MÄRCHEN

Sophie Reyer liest und spielt Auszüge aus ihrem Lyrikband DIE GEZIRPTE ZEIT (Verlag Berger 2013).

MIRA LU KOVACS: STAY A LITTLE LONGER

Lydia Nsiahs analoge 16mm-Bilder in Schwarzweiß und Farbe betten den Gesang und die intimen Zeilen aus Mira Lu Kovacs Feder in ein Firmament aus kargen Naturszenerien, die eine ohnehin schon weit aufgerissene Kluft emotionaler Selbstreflexion um ein Vielfaches potenzieren. Fahrten durch nebelverschleierte Ebenen, sehnsuchtsvolle Blicke in menschenleere Weiten. Die Welt steht kopf, verliert sich in der Abstraktion, färbt sich ein, bewegt sich unaufhaltsam weiter. Eine audiovisuelle Ode an die wohlwollende und rettende Selbstliebe – minimalistisch, schwermütig, voller brüchiger Schönheit. (Diagonale)

SELFPORTRAIT

SELFPORTRAIT, entstanden 1971 in New York, von dem es heißt, es sei das erste Selbstporträt in Zeichentricktechnik überhaupt, verdankt seine Wirkung einem Clash von Bild und Ton. Maria Lassnig, oder genauer ihr filzstiftgezeichneter Kopf, singt Englisch mit herzzerreißendem österreichischem Akzent. Über das bisherige Leben, ihre Träume, die ewige Suche nach der besseren, männlichen Hälfte: »To look for the better half«. Doch passt mal ein Partner in Form und Farbe, nennt er sie bald schon weak und woman im gleichen Satz. (Maya McKechneay)