THE COST OF LIVING

Cromer an der Küste Norfolks ist ein typischer, altmodischer und verblasster Ferienort. Die Sommersaison geht zu Ende und Eddie und David hat ihre Arbeit als Straßenkünstler desillusioniert zurückgelassen. Eddie ist direkt, scheut keine Konfrontation und kämpft für seinen Glauben an das Gerechte und die Ehrlichkeit. David ist ein Tänzer ohne Beine; ihm zuzusehen bedeutet, die eigenen Vorstellungen von Perfektion zu hinterfragen. Ruhig und bestimmt achtet er darauf, dass ihm seine Behinderung und gesellschaftliche Vorurteile nicht in die Quere kommen. Eine Reihe von lose verknüpften Szenen zeigt, wie die beiden leben, in und aus Beziehungen gleiten und von Tag zu Tag überleben.

Lloyd Newsons Tanzstück THE COST OF LIVING, das von ihm wie einige seiner Werke für die Leinwand adaptiert wurde, ist ein Meilenstein in einem konzisen Œuvre, das an der Grenze von Tanz und Theater den Finger stets in gesellschaftliche Wunden legt. Newsons Compagnie DV8 Physical Theatre wurde 1986 in London gegründet, wobei der Abkürzung DV8 sowohl für »Dance« und »Video« im Super 8 Format steht (da die Tänzer*innen auch mit Filmelementen arbeiten) als auch für »deviate« (engl. abweichen).

COMMON ROOM

Basierend auf dem gleichnamigen Spoken-Word-Poem von Talia Randall, bündeln 13 Animationsfilmemacher*innen ihre individuellen Stile in einer Geschichte, die sehr persönliche aber auch universelle Erfahrungen Heranwachsender thematisiert.

I SIGNED THE PETITION

Soll Radiohead in Tel Aviv das Konzert geben, an dem sich in der Fangemeinde die Geister scheiden, oder sollte die Gruppe sich besser dem Boykott anschließen, der von der BDS-Bewegung (Boycott, Divestment, Sanctions) forciert wird? Nach der Unterzeichnung einer Petition, die fordert, dass Thom Yorkes Band nicht in Israel spielt, beschließt der angstgeplagte Unterzeichner, einen in London lebenden palästinensischen Freund anzurufen. (Giona A. Nazzaro)

MISH + GRAHAM

Wir schreiben das Jahr 2032. Die Connect App hat alles verändert: Sie könnte die Antwort auf die Krise der Sozialfürsorge sein – oder der Beginn der Kommerzialisierung der Pflege. Nathan Crossan-Smiths Zukunftsvision MISH + GRAHAM erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freund*innenschaft zwischen zwei Fremden in vier Begegnungen, die zwischen Gebärdensprache (BSL) und gesprochenem Englisch wechseln.

MY STUFFED GRANNY

Sofía liebt ihre mürrische Oma. Auch wenn diese immer hungrig ist und das wenige Essen aufisst, dass sich die Familie leisten kann. Ihre Pension ist in Zeiten der Wirtschaftskrise das einzige Einkommen der Familie. Doch was passiert, wenn Oma einmal nicht mehr da ist? Geld wächst schließlich nicht auf Bäumen.

DER GRÜFFELO

Auf ihrem Spaziergang durch den Wald erfindet sich die kleine Maus einen mutigen Freund und Beschützer: Den Grüffelo. Doch plötzlich steht der Grüffelo wirklich vor ihr – und damit eine Menge Abenteuer. Verfilmung des bekannten Bilderbuchs von Julia Donaldson und Axel Scheffler.

HOMEBIRD

Eine junge Künstlerin möchte in der Großstadt ein neues Leben beginnen, doch es fällt ihr nicht leicht Fuß zu fassen. Immer wieder stellen Erinnerungen an das Dorf, in dem sie aufgewachsen ist, ihr die Frage, ob sie dort nicht vielleicht besser aufgehoben wäre. Aber ist es da wirklich so idyllisch wie in der Erinnerung?

ON LOOP

»Four in the morning, crapped out, yawning.« Wäre da bloß nicht diese unsägliche Sache mit dem Briefbeschwerer, die einem plötzlich den Schlaf raubt … Inspiriert von den Arbeiten des Malers David Hockney und des Filmemachers Michel Gondry, hält die britische Filmemacherin Christine Hooper die Zuschauer*innen mit einer äußerst unterhaltsamen Tour de Force durch eine schlaflose Nacht in Atem.

Mit pointiertem Witz erzählt ON LOOP von der Invasion der intimsten Komfortzone durch die Geschehnisse des Tages und den ermüdenden Begleiterscheinungen der Schlaflosigkeit, die einen dann aber doch nie zum Einschlafen bringen. Christine Hooper folgt in ihrem mehrfach preisgekrönten Animationsfilm einer Traumlogik, über die sie zu einer spannenden Ästhetik gelangt, in der die kubistischen Elemente als visuelle Übersetzung sich überlagernder Gedankenfragmente funktionieren. Die Performance des Gedankenmonologs durch die schottische Comedienne Susan Calman ist schlichtweg ein Genuss.

NOTES ON BLINDNESS

Als die auf Kassetten gesprochenen Texte des promovierten Philosophen und Literaturwissenschaftlers John Hull (1935–2015) in Buchform erschienen, kommentierte der Neurologe Oliver Sacks sie so: »Ein Meisterwerk … die ungewöhnlichste, präziseste, tiefste und schönste Beschreibung von Blindheit, die ich je gelesen habe.« Basierend auf Hulls Audio-Aufzeichnungen – einer poetischen und sehr persönlichen Erzählung über das Erblinden, den Kampf mit dem Unabwendbaren und den Neuanfang, der mit dem Akzeptieren der Realität einhergeht – schufen Peter Middleton und James Spinney eine Reihe von Kurzfilmen, von denen NOTES ON BLINDNESS mit einem Emmy Award ausgezeichnet wurde. Während der Dreharbeiten zum gleichnamigen Langfilm verstarb John Hull.

HELL HATH NO FURIE

Der wütendste aller Filme im Programm ist sicherlich HELL HATH NO FURIE von Kitty Faingold. Mit seiner kühnen, rot-schwarzen Ästhetik und dem starken grafischen Stil ist die Wut in den Look ebenso eingewoben wie in die Erzählung. Kitty lädt uns in eine scheinbar gewöhnliche Wohnung voller Kitsch, eigenwilligem Nippes und langweiligen Natursendungen ein, die auf dem alten Fernseher laufen. Wir werden Zeuge, wie die Furien (Göttinnen der Rache), die jetzt als Frauen aus den 1990er Jahren wieder auferstanden sind, zusammenkommen, um ziemlich verärgert ein Kartenspiel zu spielen. Die animierten Karten erinnern ein wenig an Leonora Carringtons Begeisterung für die Ikonographie des Tarot. Wir treffen auf Allecto („Unaufhörlich im Zorn“), Tisiphone (die „Rachsüchtige“) und Megaera (das „grünäugige Monster“), die versuchen, so gut sie können miteinander auszukommen, obwohl sie nicht anders können, als in eine Fehde von apokalyptischen Ausmaßen zu verfallen. Wenn sie nur eine Sprache hätten, in der sie sich besser ausdrücken könnten, wie es die LINGUISTS tun. (Abigail Addison)