ECHOES OF GRIEF

Eine tiefgreifende Verlusterfahrung sendet die Filmemacherin auf eine Reise durch fantastische Welten, die zwischen Licht und Schatten, Vergangenheit und Gegenwart, Kummer und Trost oszillieren. Gesäumt von Erinnerungen an das Unwiederbringliche leuchtet ein schwacher Schimmer den sich ständig verändernden Weg aus der Dunkelheit.

VIENNA X

Ausgehend von dem Song »Vienna« von Billy Joel, der im Film auf einem Oud (arabische Laute) neuinterpretiert wird, kreiert und animiert die in Wien lebenden Illustratorin Marwa Yasin ein digitales Abbild des Reumannplatzes – ein Ort, der mit vielen negativen Stereotypen belegt ist, aber für viele Menschen eine ganz andere Bedeutung hat.

KURZES LEBEN

KURZES LEBEN ist ein gezeichneter Film. Jede der Zeichnungen ist komplex und fein gearbeitet, ein kleines Meisterwerk. In der Folge ergeben sich überraschende Perspektivenverschiebungen, Metamorphosen und Lichtsituationswechsel, die von einem Zustand in den anderen hineinfinden, im Einklang mit der psychologischen Bewegung im Film. (…) Ein Sterntaler-Mädchen kristallisiert sich, ein fragiles Wesen, fast nackt, getrieben von Sehnsucht und Neugier auf Liebe und auf Leben. Und sie findet die Liebe, lächelt erlöst und schelmisch beim Anblick der sich kreuzenden Strahlen der beiden Liebenden. Gleich darauf wird sie abrupt vom Geliebten verlassen. (Mara Mattuschka)

Immer wieder einmal beteiligt sich die Schauspielerin und Sängerin Meret Becker an delikaten Kunstprojekten. Ausschlaggebend für ihre Mitwirkung bei der Verfilmung eines Comics der Maria-Lassnig-Schülerin Johanna Freise seien die Sexszenen gewesen. Die sind auch einprägsam: Die ruckeligen Bilder zeigen ein heftiges Boy-Meets-Girl in verschiedenen Stellungen. Ebenso stark aber dürfte Becker, die der Hauptfigur ihre Stimme leiht, sich angesprochen gefühlt haben von der melancholisch-fantastischen Stimmung des Films KURZES LEBEN, den Johanna Freise mit Daniel Šuljić nach dem gleichnamigen Comic produzierte. Bei aller düsteren Poesie fehlt nicht ein Schuss Sarkasmus: »Ich sitze im schlecht gezeichneten Bus und denke über den Tod nach«, beobachtet das Mädchen. (DER STANDARD)

MUSICLESS MUSICVIDEO: SINGIN‘ IN THE RAIN (WITHOUT SINGING)

In seinem Metier sollte man sich im Ton wirklich nicht vergreifen. Nachdem er sie um den Faktor Musik bereinigt hat, fettet der oberösterreichische Sounddesigner Mario Wienerroither Musikvideos und Serienintros mit realitätsgetreuen Szenengeräuschen wieder auf. Spaghetti, Erdnüssen und Zimmerpflanzen sei Dank. (Martin Macho)

SELF

Die Haut selbst. Poren, Flecken, Härchen, Pickel. Durchschimmernde Adern, Falten, Kurven. Aber was für Kurven? Claudia Larcher, von Natur aus keine Freundin der eindeutigen Bilder, dafür aber der zirkelschlüssigen Struktur, inszeniert das größte Sinnesorgan des Körpers als Mutationsflächenmonster. Vom mal rauschenden, mal glucksenden, mal zerbröselnden, mitunter schmatzenden und luftschnappenden und lautfetzenden Sound Constantin Popps erregt, driftet die Erkundungsreise in wer weiß welche Fantasielandschaften ab, um schließlich zum Anfang zurückzunüchtern. Welcher Horror da jeweils durch die Netzhäute und Trommelfelle des Publikums schlägt, ist eine Frage der Nerven. (Viennale)

Claudia Larcher wurde für SELF auf der Viennale 2015 mit dem Erste Bank MehrWERT-Kurzfilmpreis ausgezeichnet.

THE BACK ROOM

Ein Mann findet sich eingesperrt in einem leeren Raum wieder. Aus einem Stück Tapete gestaltet er ein Modell des Zimmers, das auf irgendeine Weise mit dem Original zu korrespondieren scheint. Möglicherweise lässt sich darin ein Hintertürchen, der Weg ins Freie finden? Noch scheint der alte Baum vor dem Fenster außer Reichweite. Detailverliebte Puppenanimation über die Möglichkeit die bleibt, wenn eigentlich nichts mehr geht.

… A CAR …

Eine zu kleine Durchfahrt, eine Familienkutsche, ein absterbender Motor und ein Abstand, der fatal unterschätzt wird: Nachdem die Performancekünstlerin Carola Dertnig in ihrer Serie TRUE STORIES bereits die unterschiedlichsten Alltagssituationen auf ihr Slapstick-Potential hin erprobt und auf Genderstereotype abgeklopft hat, ist in … A CAR … das Autofahren an der Reihe. Schauplatz ist die Wiener Apollo Garage. Der Versuch, aus dem System Parkgarage zu entkommen, führt zu haarsträubend akrobatischen Verrenkungen der als »heißer Feger« gestylten Künstlerin und in ein lyrisch-absurdes Autogedicht, mit dem sie sich auf die Performerin Simone Forti bezieht. Am Ende steht über dem Ganzen nichts als die Aufforderung zu »Reinlichkeit und Ruhe«.

AUS DEM AUGE

Eine Kamerafahrt führt durch einen schier endlosen Korridor. Aus dem Off – es liest Andrea Eckert – wird der Gebäudekomplex kontextualisiert. „Der Krieg ist die Kultur der Vernichtung“, heißt es einmal. Als Erholungsort sollte das unvollendete NS-Prestigeprojekt, das in seiner Gigantomanie den faschistischen Wahnsinn erahnen lässt, zu dieser „Kultur“ beitragen. 20.000 deutsche Arbeiter sollten im Seebad Prora auf Rügen – auf 5 Kilometern Länge und Zimmern mit Meeresblick – Erholung finden. Das reduzierte Porträt eines Nicht-Orts, der seine Bestimmung niemals erfüllte. AUS DEM AUGE wurde mit dem ART VISUALS & POETRY Filmpreis 2015 ausgezeichnet.

Valerie Fritsch (*1989 in Graz) studierte an der Akademie für angewandte Photographie. Sie ist als Schriftstellerin und Fotokünstlerin tätig. Zuletzt erschien bei Suhrkamp ihr Roman „Winters Garten“.

Matthias Zuder (*1985) studierte Filmregie in Wien, und schloss sein Studium an der Hamburg Media School ab. Internationale Auszeichnungen für Kurzfilme.

NACHBEHANDLUNG

In der Nachbehandlungsstation eines Krankenhauses: Die Patient*innen warten, versehen mit Verbänden, Krankenbefunden und Gratiszeitungen, auf den Aufruf zu Röntgen 3, Gipskontrolle 4, Beobachtung 2. Die Anzeigemonitore machen »Ping«. Der Kaffeeautomat surrt. Aus einer alltäglichen Situation entsteht ein klanglich-optisch choreographiertes Mosaik, die Beschreibung eines Mikrokosmos, eine Momentaufnahme des Lebens. (CROSSING EUROPE)

KII

In knappen Bildern erzählt die surreale Animation KII von Anne Zwiener die Beziehung und den Konflikt zwischen zwei Figuren. Über Metaphern und ohne Sprache wird die Ausbeutung des Menschen visualisiert.