TRANSLATION

Was zeichnet den Kulturaustausch auf internationaler Ebene aus? Reden von Kulturschaffenden, Diplomat*innen und Mitarbeiter*innen des Außenministeriums wurden extrahiert und neu kombiniert. Gebärdensprache, Blindenschrift und Morsezeichen ergänzen das sprachliche Potpourri.

AMAZON WOMAN

Der Kopf kann alles. Andere Körperteile haben separate Werkzeugfunktionen; der Kopf aber ist ein Universaltool. Dafür erbringt die Objekt- und Medienmagierin Anna Vasof den Beweis, und zwar so, dass sie das Primat des Kopfes zugleich untergräbt. In 24 zehnsekündigen Einstellungen zeigt ihr Video AMAZON WOMAN, was ein Kopf – stets ihrer – kann. (Drehli Robnik, sixpackfilm)

TRANSFORMATION. BRAIDING RENEWAL (POCAHUNTER PART II)

Seit 2015 existiert Pocahunter als Alter Ego von Verena Melgarejo Weinandt, eine Kriegerin, die aus dem Grab zurückkehrt, um Rache für die Gewalttaten der Kolonialherren zu nehmen. Pocahunter greift in die Träume und Vorstellungen der Menschen ein und schafft Albträume, die gegen koloniales Begehren und weiße Projektionen der indigenen Bevölkerung wirken. Sie ist ein fiktiver Hybrid zwischen der wiederauferstandenen historischen Matoaka – einer Frau des Powhatan-Volkes, die entführt, an einen britischen Militärbeamten verkauft und in Pocahontas umbenannt wurde – und Disneys kolonialer Popkulturversion.

Verena Melgarejo Weinandt ist eine deutsch-bolivianische Künstlerin, Kuratorin und Forscherin. Sie studierte bildende Kunst und Kunst- und Kulturwissenschaften an der Akademie der bildenden Künste Wien und am Instituto Universitario Nacional de Bellas Artes Buenos Aires, Argentinien. In ihren Arbeiten thematisiert sie insbesondere koloniale und patriarchale Strukturen, um nach Wegen der individuellen und kollektiven Heilung zu suchen: Methoden dessen, was sie »arte-sana« nennt.

DER LÄNGSTE KUSS

Gerhard Rühm nahm eine Zeitungsmeldung über den »längsten Kuss der Welt« zum Anlass, diese als Musikstück im Viervierteltakt zu verfassen. Im Sprechduett tragen Gerhard Rühm und Monika Lichtenfeld den Text vor – die Worte zu Beginn nacheinander sprechend, dann diese im Wechsel mehrfach wiederholend, synchron, asynchron, überlappend. Das versammelte Krankenhauspersonal – vier Frauen und vier Männer – wird in dieser Filmversion vom Filmemacher Hubert Sielecki selbst dargestellt. Fragen nach dem Sinn spektakulärer Rekordversuche, der Einheit von Sprecher*in und Stimme und danach, was eigentlich ein Kuss ist, drängen sich auf.

DER MENSCH MIT DEN MODERNEN NERVEN

Eine Pyramide, gar nicht statisch, vielmehr durch Kamerafahrten, Schnitte und Überblendungen immer rascher in Bewegung gebracht. Die Kino-Illusion führt die einzelnen Teile durcheinander, fügt sie zu einer symbolhaften Zeichnung der regen Gedankengänge von Adolf Loos: Eine Hochgeschwindigkeitsfahrt durch das Rückenmark des revolutionären Architekten. (Peter Illetschko)

Zahlreiche Filmemacher*innen haben die Stadt filmisch dargestellt, aber nur wenige haben mit dem architektonischen Material an sich gearbeitet. Aus dieser Sicht ist der Fall der Wiener Filmregisseure Bady Minck und Stefan Stratil ziemlich beispielhaft. Für ihren Film DER MENSCH MIT DEN MODERNEN NERVEN stellten sie ein Modell nach den Skizzen des Architekten Adolf Loos her, die dieser 1923 für ein Rathausprojekt in Mexiko-City entworfen hatte. Bei dem von Loos geplanten Gebäude handelt es sich um eine Stufenpyramide, die im filmischen Prozess in ein abstraktes Spiel der geometrischen Formen, der Lichter und Schatten gebracht wird, dass an bestimmte Filme der 1920er Jahre erinnert, etwa an ORGELSTÄBE von Oskar Fischinger (1923-1927). Über die Animation des Modells weit hinausgehend, beschäftigt sich der Film mit Adolf Loos‘ architektonischen Konzepten zur Fläche und zum Volumen des Raums. (Jean-Michel Bouhours)

DIE ARBEITERINNEN VERLASSEN DIE FABRIK

1895 waren es in der deutschen Übersetzung des Filmtitels der Lumières noch Arbeiter, die die Fabrik verließen, obgleich deutlich mehr Frauen zu erkennen waren. Katharina Gruzei verunmöglicht in ihrer Neu-Interpretation die Geschlechterzuschreibungen in Titel und Bild. Im Flackern ihrer Lichtinstallation filmt die Kamera Silhouetten und schwimmt mit der Masse hinaus aus den eben geschlossenen Austria Tabak Werken. Erst am Ende wird die Originaleinstellung nachempfunden, diesmal mit geschärfter Wahrnehmung. (Diagonale)

TUPPERN

Samstagnachmittag: Gabi hat zur Tupperparty im penibel aufgeräumten Eigenheim geladen. Alles wäre perfekt, würden die Freundinnen der Demonstration von Speedy Boy, Servierstar & Co. nur etwas mehr Aufmerksamkeit widmen als Prosecco, Aufstrichbrötchen und den subtil-giftigen Sticheleien untereinander. Mit dem unverhofften Besuch von Gabis Ehemann droht die lauschige Verkaufsstimmung zu kippen … Vanessa Gräfingholt gelingt mit TUPPERN eine hinreißend präzise Gesellschaftssatire, getragen von punktgenauen Dialogen und einem überzeugenden Schauspielerinnen-Ensemble.

FLASCHKO – DER MANN IN DER HEIZDECKE

»Der Weg ist das Ziel und das Ziel ist sitzen.« Mit diesem Satz läßt sich die Lebensphilosophie von Flaschko zusammenfassen. Die Verfilmung des gleichnamigen Comics von Nicolas Mahler folgt den »Abenteuern« eines gezeichneten Muttersöhnchens, das die Welt vom Fernsehsessel aus erobert – eingehüllt in eine Heizdecke. Übrigens: Ronnie »Rocket« Urini leiht dem phlegmatischen Flaschko seine Stimme. (Diagonale)

I’M ALIVE

Der Versuch Menschen auf der Flucht eine Stimme zu verleihen: In Süditalien initiiert Maria Weber ein partizipativen Filmprojekt, bei dem persönliche Geschichten durch Claymation-Technik in Animationen gekleidet werden. Durch die Abstrahierung ist es den Erzähler*innen möglich sich ganz zu öffnen, gleichzeitig wird ihre Anonymität gewahrt.

WERBEUNTERBRECHUNG

Bob zappt gemütlich durch die Fernsehkanäle, als er von Werbespots der etwas anderen Art überrascht wird.