(RE)COLLECTIONS #3 HOME IS NOT A PLACE
Do 4.8.2016 21:30 FILM
»Wie lebst du? Wer bist du? Zu wem hat dich die Stadt, in der du lebst, gemacht?« schreibt Jola Wieczorek in LIST DO POLSKI an ihr polnisches Alter Ego. Die Frage nach der Heimat stellt sich oft erst, wenn Menschen das Land, in dem sie geboren sind, verlassen müssen. Existenz formt sich aus der Distanz durch überlagerte Erinnerungsschichten. In den Filmessays von Clara Trischler und Jola Wieczorek manifestieren sich diese Schichten in Objekten: In der Auflösung eines Lissabonner Haushalts, der das Bild einer über den Erdball verstreuten Familie im 20. Jahrhundert zeichnet. In den Super-8-Fragmenten einer slowakischen Kleinfamilie, die sich in den politischen Wirren des Prager Frühlings zwischen persönlicher Freiheit und dem Wiedersehen mit den zurückgebliebenen Familienmitgliedern entscheiden muss.
Filmtalk
Gespräch mit Clara Trischler (ZUHAUSE IST KEIN ORT) und Jola Wieczorek (LIST DO POLSKI, O QUE RESTA) im Anschluss an das Filmscreening. Moderation: Anna Katharina Laggner.
LIST DO POLSKI
Jola Wieczorek / Österreich 2014 / 9 min / OmeUAusgelöst durch die hohe Anzahl polnischer Migrant*innen in Brüssel, hinterfrage ich in diesem Kurzfilm meine Identität und schreibe einen Brief an mein polnisches Alter Ego. LIST DO POLSKI ist eine Reise zurück in die Kindheit, nach Polen, und die Suche nach einer Antwort auf die Frage: Was wäre, wenn wir nie ausgewandert wären? (Jola Wieczorek)
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ZUHAUSE IST KEIN ORT
Clara Trischler / Deutschland 2015 / 14:30 min / OmeUZUHAUSE IST KEIN ORT zeichnet die Geschichte einer slowakischen Kleinfamilie nach. Diese lebte in den 1960er- und 1970er-Jahren in Pakistan und Kenia, dann in Österreich – doch in den politischen Wirren des Prager Frühlings in der ehemaligen Tschechoslowakei musste sie sich zwischen persönlicher Freiheit und dem Wiedersehen mit den zurückgebliebenen Familienmitgliedern entscheiden.
Entlang von erzählten Erinnerungen der eigenen Großeltern sowie Super-8-Fragmenten aus dem Privatarchiv des Großvaters montiert Clara Trischler ein bewegtes und bewegendes Familienalbum: Es offenbart nicht nur eine sehr persönliche Familienchronik, sondern auch den soziokulturellen Zeitgeist der 1960er/70er. Eine liebenswerte Ode an Menschlichkeit und Geschichtsbewusstsein, an das Medium Film als ihre Vermittler und an Trischlers Großeltern. (Diagonale)
ZUHAUSE IST KEIN ORT wurde auf der Diagonale 2016 mit dem Preis für den Besten Kurzdokumentarfilm ausgezeichnet.
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O QUE RESTA
Jola Wieczorek / Österreich/Portugal 2014 / 39 min / OmeUNach einem knappen Jahrhundert wird der Haushalt einer Lissabonner Familie aufgelöst und avanciert zum Angelpunkt einer biografischen und zeitgeschichtlichen Erkundung. Was bleibt – o que resta –, sind die Erinnerung, die den Räumen anhaftet, sowie ein unregelmäßig geführter innerfamiliärer Briefverkehr. Während die Kamera die Zimmer abtastet und den weiteren Weg der zurückgelassenen Möbel und Gegenstände nachzeichnet, zeugen die fragmentarisch im Off montierten Nachrichten vom Vergehen der Zeit: Kinder werden zu Eltern, persönliche und historische Tragödien deuten sich an, Leben werden gelebt. Wenn sich textliche und visuelle Spuren wie beiläufig überschneiden, scheint die Zeit für einen Moment stillzustehen. Trotzdem oder gerade weil eine neue Familie die Wohnung beziehen wird. Im Herzen von Lissabon. (Diagonale)
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