Die 1968 der Studierendenrevolte entsprungene Quinzaine des réalisateurs, die parallel zu den Filmfestspielen von Cannes ausgetragen wird, ist ein verlässlicher Seismograf für das unangepasste Kino. Auch in der Kurzfilmsektion überzeugen junge wie renommierte Regisseur*innen mit außergewöhnlichen und sehr diversen Arbeiten. Was die Preisträger*innen des von illycaffè gestifteten Kurzfilmpreises vielleicht eint, ist die Suche nach filmischen Entsprechungen für diffuse Gefühle. Von Rachegelüsten erzählt ein surreales Sommercamp-Musical aus Portugal, von Machtlosigkeit und Gerechtigkeitssinn eine Sozialparabel aus Marokko, vom ersten Verliebtsein ein Jugenddrama aus Brasilien und von der unheimlichen Präsenz der Verstorbenen Radu Judes jüngster Kurzfilmstreich.

Filmtalk

Gespräch mit Fyzal Boulifa (THE CURSE) im Anschluss an das Filmscreening. Moderation: Katharina Müller.

HEARTLESS

SEM CORAÇÃO
Nara Normande & Tião / Brasilien 2014 / 27 min / OmeU

Leo verbringt seine Ferien bei der Familie seines Cousins, die in einem kleinen Fischerdorf lebt. Dort begegnet er einem Mädchen, das den Spitznamen »Sem coração« (»Herzlos«) trägt. Sie ist das einzige Mädchen in der Clique und stellt sich jeder Herausforderung. Die abenteuerlichen Spiele der Gruppe führen über Palmenplantagen zu Ruinen bis hinunter in die Tiefen des Meeres. Die Gefühle und Hormone des ersten Verliebtseins verkomplizieren jedoch die gemeinsamen Unternehmungen. HEARTLESS wurde auf der Quinzaine des réalisateurs 2014 mit dem Prix illy du court métrage ausgezeichnet.

Credits

Schauspiel Eduarda Samara, Rafael Nicácio & Ricardo Lavenère Drehbuch Nara Normande & Tião Kamera Ivo Lopes Araújo Schnitt Nara Normande & Tião Ton Carlos Montenegro, Gera Vieira, Nicolas Hallet & Simone Dourado Produktion CinemaScópio

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IT CAN PASS THROUGH THE WALL

TRECE ȘI PRIN PERETE
Radu Jude / Rumänien 2014 / 17 min / OmeU

Die kleine Sofia bleibt über Nacht bei ihrem Großvater. Der sitzt mit seinen Freunden beisammen und spielt Backgammon, das Mädchen wird ins Bett geschickt. Doch die Ruhe dauert nicht lange, denn als sich die Männer über einen Selbstmord im Haus unterhalten, kann das Kind erst recht nicht schlafen. Frei nach einer Erzählung von Anton Tschechow inszeniert Radu Jude die unaufdringlich-spannende Geschichte als One-Shot-Drama und mit Fokus auf einem jungen Mädchen, das zwischen Angst und Neugier schwankt und sich dennoch durchzusetzen weiß. (VIS Vienna Independent Shorts) Auf der Quinzaine des réalisateurs 2014 wurde Radu Judes jüngster Kurzfilmarbeit IT CAN PASS THROUGH THE WALL eine lobende Erwähnung im Rennen um den Prix illy du court métrage ausgesprochen.

Credits

Schauspiel Alecu Jude, Gabriel Spahiu, Ion Arcudeanu, Marcel Horobet & Sofia Nicolaescu Drehbuch Radu Jude Literaturvorlage Anton Tschechow Kamera Marius Constantin Schnitt Catalin Cristutiu Ton Dana Bunescu, Florian Stoica & Mirel Cristea Sound Design Dana Bunescu Produktion Ada Solomon & Radu Jude

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THE CURSE

Fyzal Boulifa / Großbritannien/Marokko 2012 / 16 min / OmeU

Fatine hat sich weit aus ihrem Dorf in die Wüste hinaus gewagt, um ihren älteren Liebhaber zu treffen. Als sie von einem kleinen Buben entdeckt wird, will sie nichts anderes, als nach Hause zurückzugehen. Die Verhandlungen werden zu einem Machtkampf zwischen den beiden und einem Kräfteringen zwischen persönlicher Freiheit und gesellschaftlichen Konventionen. Ausgehend von einem simplen Setting und in Zusammenarbeit mit Laiendarsteller*innen entwickelt Fyzal Boulifa eine starke Sozialparabel, die auf der Quinzaine des réalisateurs 2012 mit dem Prix illy du court métrage ausgezeichnet wurde.

Credits

Schauspiel Ibtissam Zabara Drehbuch Fyzal Boulifa Kamera Taina Galis Schnitt Fyzal Boulifa & Taina Galis Ton Sebastian Dale Produktion Gavin Humphries
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GAMBOZINOS

João Nicolau / Brasilien 2013 / 19 min / OmeU

Ein Zehnjähriger kämpft mit dem Leben im Sommercamp. Es ist nicht leicht von dem Mädchen, das man anbetet, einfach nur ignoriert zu werden oder mitansehen zu müssen, wie der Schlafraum von jugendlichen Randalierern verwüstet wird. Glücklicherweise zeigen sich zumindest die Gambozinos im Wald nicht.

»Die Gambozinos sind mythische Wesen, die sich im Raum zwischen Kindheit, Vorstellungskraft und volkstümlichem Aberglauben bewegen. Sie sind, wenn wir wollen, eine kollektive Potenzierung von Fantasie. Obwohl ich kein Experte bin, nehme ich an, das Kino ist eigentlich dasselbe.« (João Nicolau) GAMBOZINOS wurde auf der Quinzaine des réalisateurs 2013 mit dem Prix illy du court métrage ausgezeichnet.

Credits

Schauspiel Ana Sofia Ribeiro, Isabel Portugal, Paulo Duarte Ribeiro, Pedro Leitão & Tomás Franco Drehbuch João Nicolau Kamera Mário Castanheira Schnitt João Nicolau Sound Design Vasco Pimentel Musik Mariana Ricardo Produktion Fabienne Martinot, Justin Taurand, Luís Urbano, O Som e a Fúria & Sandro Aguilar

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