8x8x8 ICH SEHE KEINE KRISE
Fr 18.8.2017
20:30
FILM
Was macht man als reformorientiertes Unternehmen, das einen Haufen unkündbarer Mitarbeiter*innen am Hacken hat? »Wir gehen in den Schmerz, bevor er kommt«, so einer der Verantwortlichen bei der Österreichischen Post. Privatisierung, Sparpakete und globale Krisen treffen jene Menschen am stärksten, die bereits armutsgefährdet oder manifest arm sind. Ihre Stimmen gehen unter, während TV- und Internetbilder aus aller Welt unseren Alltag durch- und überfluten. Wie steht Globalisierung mit der eigenen Realität in Beziehung? Wie mit der eigenen Person, dem eigenen Sehen, Hören, Verstehen?
Filmtalk
Gespräch mit Sebastian Brameshuber (OF STAINS, SCRAP AND TIRES), Robert Cambrinus (VIEL LAUTER KANN ICH NICHT SCHREIEN), David Krems (YO NO VEO CRISIS) und Konrad Wakolbinger (WIR SIND DIE MUTANTEN) im Anschluss an das Filmscreening. Moderation: Karin Schiefer.
Barrierefrei für gehörlose und schwerhörige Menschen
• Filme in Originalfassungen mit deutschen Untertiteln (HoH)
• Moderation und Filmtalk mit Übersetzung in Gebärdensprache (ÖGS)
• Induktive Höranlage für Träger*innen von Hörgeräten/-implantaten
YO NO VEO CRISIS
David Krems & Teresa Martín / Österreich/Spanien 2013 / 15 min / OmdU (HoH)Ein Urlaubsfilm im weitesten Sinn: über Spanien, das Land mit kolportierten neunzig Prozent Staatsverschuldung und eklatanter Jugendarbeitslosigkeit. Von Gesprächen und Beobachtungen inspiriert, formulieren die Reisenden eine geist- und witzreiche Geschichte der Ungleichgewichte – eine sinnliche Annäherung an das, was in den Medien gerne unter dem abstrakten Begriff »Krise« subsumiert wird. (Diagonale)
Credits
WIR SIND DIE MUTANTEN
Konrad Wakolbinger / Österreich 2013 / 14:30 minScreening: OmdU (HoH) / Streaming: OmeU
Was macht man als reformorientiertes Unternehmen, das einen Haufen unkündbarer Mitarbeiter*innen am Hacken hat? In Österreich wurde im Zuge einer Reform der Post eine Art Paralleluniversum für jene Mitarbeiter*innen gegründet, die noch bis zur Pensionierung im Unternehmen zu verbleiben haben. Ohne sinnvolle Beschäftigung den Arbeitstag verbringend, auf Trab gehalten durch fragwürdige Fortbildungen und untergebracht in abgeschotteten Bürotrakten, entpuppt sich diese sozial verträgliche Maßnahme als perfide Menschenverachtung mit System. (Lina Dinkla)
Konrad Wakolbingers Kurzdokumentarfilm WIR SIND DIE MUTANTEN – der Titel verdankt sich einer Interviewaussage des ehemaligen Post-Vorstandsvorsitzenden Anton Wais – geht der Frage nach, was aus den menschlichen Arbeitskräften wurde, die bei der Privatisierung des Staatsunternehmens auf der Strecke blieben. (…) Er behandelt das, was gerne übersehen wird, wenn auf ein etabliertes System ein effizienzgesteigertes folgt: den Kollateralschaden. (Dominik Kamalzadeh)
Credits
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DIE ARBEITERINNEN VERLASSEN DIE FABRIK
Katharina Gruzei / Österreich 2012 / 11 min / OmdU (HoH)1895 waren es in der deutschen Übersetzung des Filmtitels der Lumières noch Arbeiter, die die Fabrik verließen, obgleich deutlich mehr Frauen zu erkennen waren. Katharina Gruzei verunmöglicht in ihrer Neu-Interpretation die Geschlechterzuschreibungen in Titel und Bild. Im Flackern ihrer Lichtinstallation filmt die Kamera Silhouetten und schwimmt mit der Masse hinaus aus den eben geschlossenen Austria Tabak Werken. Erst am Ende wird die Originaleinstellung nachempfunden, diesmal mit geschärfter Wahrnehmung. (Diagonale)
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OF STAINS, SCRAP AND TIRES
Sebastian Brameshuber / Österreich 2014 / 19 min / OmdU (HoH)Motoren, Achsen, Zylinder – die Bauteile des Glücks. Was sich nicht in Europa weiterverkaufen lässt, schiffen die Scrapmaster vom Erzberg nach Afrika. Glück ist das (selten) leicht verdiente Geld, die (rare) Schönheit einer menschgemachten Maschine, die reale und imaginierte Freiheit auf Rädern. Zur Bild- und Tonpoetik von Autowerkstatt, Schrott und Paintballfeld liest ein anderer Wagenmeister, Bobby Sommer, ein Gedicht von Bertolt Brecht. Die singenden Steyr-Wägen, sie versprechen lautlose Leichtigkeit – ohne ihre Verwandtschaft zur Rüstungsindustrie zu verschweigen. Happiness is made of steel. (Viennale)
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EMBARGO
Johann Lurf / Österreich 2015 / 10 min / OmdU (HoH)Mit ausgeklügelter Aufnahmetechnik haucht Johann Lurf mehreren österreichischen Rüstungsfirmen Leben ein – genauer gesagt deren architektonischer Oberfläche, dem aus der Distanz Sichtbaren, das sich dem Informationsembargo im Inneren widersetzt. Zum treibenden Gaming-Sound von Jung an Tagen verschieben sich Ebenen, glühen kontrastsatte Signallichter. Mitten unter uns und doch wie aus einer anderen Welt. (Diagonale)
Der Titel EMBARGO ist bewusst zweideutig gewählt, denn einerseits unterliegen viele mögliche Märkte für die Waffenindustrie einem Embargo, andererseits ist diese, um in Ruhe arbeiten zu können, darauf angewiesen, dass nach Möglichkeit ein Informationsembargo in eigener Sache wirksam wird. Waffenfirmen sind nicht gern in den Medien. (Johann Lurf)
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VIEL LAUTER KANN ICH NICHT SCHREIEN
Robert Cambrinus / Österreich 2012 / 11 min / OmdU (HoH)TV- und Internetbilder aus aller Welt durch- und überfluten unseren Alltag. Die Kontextualisierung erfolgt wie nebenbei – oder gar nicht. Wie stehen beispielsweise die Proteste im arabischen Raum mit der eigenen Realität in Beziehung? Wie mit der eigenen Person, dem eigenen Sehen, Hören, Verstehen? Robert Cambrinus’ Schrei ist ein stummer: Via Inserts sinniert er über das (Un-)Vermögen der eigenen Wahrnehmung. Privates vermischt sich dabei mit Öffentlichem. Dahinter ein visueller Medienwulst: unsortierte Protestbilder, Katastrophen-Images. Bild und Schrift kommentieren einander nur indirekt. Die Assoziationen sind notgedrungen individuell. (Diagonale)
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