8x8x6 MIGRATION STANDARDS
Fr 11.8.2017
21:00
FILM
In den vergangenen Jahren war zu beobachten, dass auch hierzulande Filmschaffende schnell und energisch auf die Fluchtbewegungen reagiert haben, die die kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien (und anderen Staaten) hervorgerufen haben. Das Spektrum der in diesem Programm gezeigten Filme reicht von sehr persönlichen Erzählungen, in denen Betroffenen eine Stimme gegeben wird, bis zur performativen Visualisierung statistischer Zahlen. Sie erschüttern und rütteln auf, aber mehr noch wird ihre gesellschaftliche Bedeutung evident: Denn wer sieht, der weiß. Und wer weiß, trägt Verantwortung.
Filmtalk
Gespräch mit Gita Ferlin (15 JAHRE UND KEINE ANTWORT), Lisbeth Kovacic (#THEIRCATSASWELL), Juri Schaden (ENTWÜRFE), Kristina Schranz und Caroline Spreitzenbart (SPIELFELD), Veronika Schubert (IN ERSTER LINIE), Borjana Ventzislavova (MIGRATION STANDARDS) und Maria Weber (I’M ALIVE). Moderation: Doris Posch.
Barrierefrei für gehörlose und schwerhörige Menschen
• Filme in Originalfassungen mit deutschen Untertiteln (HoH)
• Moderation und Filmtalk mit Übersetzung in Gebärdensprache (ÖGS)
• Induktive Höranlage für Träger*innen von Hörgeräten/-implantaten
MIGRATION STANDARDS
Borjana Ventzislavova / Österreich 2011 / 5:30 minScreening: OmdU (HoH) / Streaming: OmeU
»Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der es selbstverständlich ist, dass alle Menschen die gleichen Rechte teilen«, formulierte die Petition »Ausschluss Basta« als Initiative von Kulturarbeiter*innen, Aktivist*innen und Forscher*innen anlässlich der 2010 kontroversiell geführten »Integrations«-Debatten in Österreich und Deutschland. In ihrer Videoarbeit greift die Künstlerin Borjana Ventzislavova diese und andere migrationspolitische Forderungen auf.
»Sie werden aber nicht von den Akteur*innen selbst vorgebracht, sondern von vier Kindern und Jugendlichen, die nacheinander vor unterschiedlichen Kulissen ihre Statements an die Kamera richten. Auch die Settings sind irritierend: Wohlbekannte Ansichten von Wiener Sehenswürdigkeiten wie Schloss Schönbrunn und Parlament sind als Hintergrundmotive in und vor verschiedene (Un-)Orte wie eine Autobahn, Landschaften mit Bahngleisen oder eine darüber liegende Flugschneise gestellt. Sie lassen sich als transitorische Räume beschreiben, die in erster Linie dem Zweck des Transports und der Mobilität dienen. (…) Potenziell sind ihnen damit auch migratorische Praktiken der Flucht und der illegalisierten Grenzüberschreitung eingeschrieben. (…) In der befremdlichen Verdichtung dieser kontrastierenden Elemente ruft Ventzislavova widerstreitende Bilder, individuelle und kollektive Projektionen zum allgegenwärtigen Thema Migration auf.« (Luisa Ziaja)
Credits
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IN ERSTER LINIE
Veronika Schubert / Österreich 2016 / 5:30 minScreening: OmdU (HoH) / Streaming: OmeU
»Die Lage ist auch heute etwas unberechenbar.« Veronika Schubert sammelt und archiviert Sätze. Über die Jahre sind so unter anderem sprachliche Analysen verschiedenster TV-Genres entstanden: Kriegsberichterstattung, Soap Operas, Krimis, Regionalnachrichten … Immer im Fokus ist der einzelne »gefundene« Satz, der aus dem ursprünglichen Zusammenhang gelöst und neu montiert wird. IN ERSTER LINIE beschäftigt sich mit der Berichterstattung über ankommende Flüchtlinge im September 2015 und demaskiert die hohlen Phrasen und Floskeln der Polit-Sprache. Auf über 3.000 Glasplättchen sind Umrisslinien von Wolkenbewegungen graviert. Die Linien wirken wie eine sich ständig verankernde Grenzlinie auf einer imaginären Landkarte.
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SPIELFELD
Kristina Schranz & Caroline Spreitzenbart / Deutschland 2017 / 26 min / OmdU (HoH)Was bleibt, ist Leere – nachdem das Grenzdorf Spielfeld im Winter 2015 von Hunderttausenden Flüchtlingen durchquert wurde, ist der Normalzustand zurückgekehrt. Zäune, Zelte und ein ausgeklügeltes »Grenzmanagement-System« warten auf neuen Andrang, der allerdings ausbleibt. (…) Unaufgeregt spürt Kristina Schranz der Ambivalenz des Transitorts nach und verortet die Auswirkungen geopolitischer Herausforderungen im dörflichen Alltag der Spielfelder Bewohner*innen – zwischen Raststättenbistro und Einfamilienidyll. Ein Film über einen Ort, der nach kurzer, fragwürdiger Berühmtheit längst wieder von der medialen Bildfläche verschwunden ist. (Diagonale)
SPIELFELD wurde auf der Diagonale 2017 mit dem Preis für den besten Kurzdokumentarfilm ausgezeichnet.
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#THEIRCATSASWELL
Lisbeth Kovacic / Österreich 2016 / 4 minScreening: OmdU (HoH) / Streaming: eOF
»How is your cat?« – »She already got a German passport.«
Ein syrisches Paar flieht mit Katze Zaytouna über Griechenland nach Deutschland. Anhand einer mit animierten Bildern unterlegten WhatsApp-Konversation erzählt Lisbeth Kovacic von deren Weg, den Missständen in einer deutschen Flüchtlingsunterkunft und der Bedeutung sozialer Medien auf der Flucht. (this human world)
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I’M ALIVE
Maria Weber / Österreich 2015 / 6:40 minScreening: OmdU (HoH) / Streaming: OmeU
Der Versuch Menschen auf der Flucht eine Stimme zu verleihen: In Süditalien initiiert Maria Weber ein partizipativen Filmprojekt, bei dem persönliche Geschichten durch Claymation-Technik in Animationen gekleidet werden. Durch die Abstrahierung ist es den Erzähler*innen möglich sich ganz zu öffnen, gleichzeitig wird ihre Anonymität gewahrt.
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ENTWÜRFE
Juri Schaden / Österreich 2013 / 22 min / OmdU (HoH)Früher sorgte der Erzabbau für Arbeitsplätze in der steirischen Gemeinde Vordernberg, heute liegen die Hoffnungen auf dem geplanten Schubhaftzentrum für Asylsuchende. Juri Schaden verwebt Bilder von (architektonischen) Entwürfen des Gebäudes mit ambivalenten Perspektiven auf Sicherheit, Freiheit, das Angehaltensein/-werden. Nicht als unumstößliche, lineare Erzählung, sondern als interpretativ offener filmischer Essay. (Diagonale)
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15 JAHRE UND KEINE ANTWORT
Gita Ferlin / Österreich 2015 / 7 minScreening: OmdU (HoH) / Streaming: OmeU
In Gita Ferlins essayistischem Porträt eines jungen Asylwerbers in Österreich bleibt der Protagonist unsichtbar, verbannt aus dem Bild, nur als frei umherschwebende Stimme existent, nicht zu verorten. Die beklemmenden Schilderungen seines der Mündigkeit beraubten Lebens, das nunmehr von Furcht, Armut, Scham und Perspektivlosigkeit bestimmt wird, verdichten sich in kontemplativen Raumtableaus des schäbigen Wohnheims und im Sound: Enge, die keine Entfaltung ermöglicht. Wände, Gitter, verschlossene Türen, die gefangen nehmen. Ein Ausblick auf Bahngleise, der die permanente Angst vor Abschiebung ebenso spürbar macht wie der Verkehrslärm, der unentwegt präsent ist. Eine sensible und eindringliche Annäherung an eine unbehauste Existenz, ein Dasein zwischen Kerker und Transit. (Digonale)
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IF I HAD LAND UNDER MY FEET
Lotte Schreiber / Österreich 2016 / 7:15 minScreening: OmdU (HoH) / Streaming: OF
Die Videoarbeit IF I HAD LAND UNDER MY FEET basiert auf dem Projekt 400 – THE IMAGE BEHIND der Künstler*innen Lotte Schreiber und TK1968+. Menschen formieren sich auf der Straße zu einem Diagramm, halten für einen Moment inne, um wieder zu verschwinden. Als temporäres Mahnmal »verkörpern« sie jene statistische Zahl, die den Tod jener Menschen beschreibt, die in den ersten Wochen des Jahres 2016 beim Versuch, sich vor Krieg und Elend in Sicherheit zu bringen, im Mittelmeer ertrunken waren.
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