NO/MORE COMFORT: LEAVING THE GOOGLEPLEX
Do 20.8.2015
21:30
FILM
Heute ist es mehr denn je eine Kunst nicht gesehen zu werden. Überwachungskameras im öffentlichen Raum dringen in unsere Privatsphäre ein. CCTV sieht alles – und vergisst nichts. Doch da wo digitale Überwachung omnipräsent ist, da regen sich Strategien des Digital Empowerment. Gastkurator Pedro Marum (Rabbit Hole, Queer Lisboa) bringt ein spannendes Spektrum konzeptueller Arbeiten mit, die Mechanismen staatlicher und institutioneller Kontrolle aufdecken – einige davon aus seiner Heimat Portugal.
Filmtalk
Gespräch mit Johann Lurf (EMBARGO), Pedro Marum (Kurator) und Georg Markus Kainz (Big Brother Awards) im Anschluss an das Filmscreening. Moderation: Dietmar Schwärzler.
Kuration
Pedro Marum
VIDEO ROOM
Paola Bareto / Brasilien 2012 / 1:50 min / OFVIDEO ROOM entstand im Rahmen des Projektes EINE EINSTELLUNG ZUR ARBEIT von Antje Ehmann und Harun Farocki, das dazu einlud, bezahlte oder unbezahlte, materielle oder immaterielle, traditionsreiche so wie gänzlich neue Arbeit in einer Einstellung filmisch zu porträtieren. In ihrem Beitrag filmt Paola Bareto Angestellte des centro de operaciones in Rio de Janeiro. Sie schwenkt langsam über den video room, in dem dutzende Mitarbeiter*innen auf ihren Monitoren die Bilder beobachten, die die 560 Überwachungskameras von Rio de Janeiro wiedergeben.
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SUBWAY SECURITY
Di Hu / China 2014 / 1:50 min / OFSUBWAY SECURITY entstand im Rahmen des Projektes EINE EINSTELLUNG ZUR ARBEIT von Antje Ehmann und Harun Farocki, das dazu einlud, bezahlte oder unbezahlte, materielle oder immaterielle, traditionsreiche so wie gänzlich neue Arbeit in einer Einstellung filmisch zu porträtieren. Di Hu widmet ihr Porträt einem müden Security Beamten in der U-Bahn von Hangzhou.
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WORKERS LEAVING THE GOOGLEPLEX
Andrew Norman Wilson / USA 2009 / 11 min / eOFWORKERS LEAVING THE GOOGLEPLEX untersucht ein großes Geheimnis: die Praktizierung sozialer Ungerechtigkeit durch den Google-Konzern. Google unterteilt seine Arbeiter*innen in vier Klassen. Auf dem Google-Campus im Silicon Valley müssen farbige Namensschilder getragen werden, die die Klassenzugehörigkeit anzeigen. Die Arbeiter*innen der vierten Klasse tragen gelbe Namensschilder, sind größtenteils Latinos oder Afroamerikaner*innen, genießen keine Privilegien und müssen nach getaner Arbeit den Google-Campus sofort verlassen. Sie scannen die Bücher für den umstrittenen Service Google Books.
Der US-amerikanische Künstler Andrew Norman Wilson hat selbst für ein Jahr bei Google gearbeitet. Während er die Bewegungen der »ScanOps« dokumentiert, zeichnet er die komplizierten Ereignisse auf, die zu seiner eigenen Entlassung geführt haben. Die Referenz zum Film ARBEITER VERLASSEN DIE LUMIÈRE-WERKE aus dem Jahr 1895 verortet das Video in der Filmgeschichte und zeigt Transformationen und Kontinuitäten im Gefüge von Arbeit, Kapital, Medien und Information auf.
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TINY LITTLE DELICATE FOREIGN CASTLES
Rob Key / Portugal/Großbritannien 2014 / 11 min / OmeUEine Kamera ist eine gefährliche Waffe und schon alleine ihre Präsenz eine plausible Bedrohung. Auch wenn niemand so genau weiß, was da eigentlich passiert. Das ist die Welt, in der sich der Filmemacher Rob Key bewegt, als er versucht, Botschaftsgebäude in Lissabon zu filmen.
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WHO IS THE MASTER WHO MAKES THE GRASS GREEN
OS TÚNEIS DA REALIDADE
Edgar Pêra / Portugal 1996 / 7 min / eOFDer Dark-Wave-Soundtrack zu deiner ganz persönlichen paranormalen Realität: Master Bob aka Robert Anton Wilson, der psychedelische Priester des Relativismus, gibt eine kleine Gebrauchsanweisung zum menschlichen Gehirn. Du hast die Definitionsmacht! Der Himmel ist Deine Wahl!
Edgar Pêras Filme rufen uns im Namen der Freiheit zu. Wie neonfarbene, blitzende Monolithen stehen sie in der europäischen Filmlandschaft. An deren dominanten Themen- und Diskurskreisen nehmen sie nicht teil. Freiheit – persönliche und künstlerische – ist Pêras oberstes Gebot. Seine Filme verhandeln in konstant ekstatischer Bildsprache Möglichkeiten des Ausbruchs aus dem (kapitalistischen) System. Zeitmessung ist Sklaverei, Realität nur gesellschaftlicher Konsens. Arbeit ist zeitgemessen und daher Sklaverei. Sein befreiter Geist jagt. Und er erschafft dabei diese Lehrmittel, die zwar in den Schulzimmern fehlen, hier aber mit Emphase gefeiert werden! (videoex.ch)
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BRADLEY MANNING HAD SECRETS
Adam Butcher / USA 2012 / 5:30 min / eOFDie Geschichte von Chelsea Manning (früher bekannt als Private First Class Bradley Manning der US-Armee), gerade mal 25 Jahre alt – jedoch nicht als Wikileaks-Hacktivist*in, sondern als Soldat*in in einem fragwürdigen Krieg und als Mensch in einer Identitäts- und Gewissenskrise auf mehreren Ebenen. Adam Butchers Animationsfilm verwendet ausschließlich Originaldialoge aus Instant-Messenger-Konversationen zwischen Manning und dem Hacker und Enthüllungsjournalisten Adrian Lamo und zeigt eine andere Seite im großen Enthüllungsskandal. Es geht um große Sinnkrisen und -fragen, persönliche und nationale Geheimnisse, Verantwortung und Moral, aber auch die Entmenschlichung sowie Entkörperung von digital geführten Kriegen. BRADLEY MANNING HAD SECRETS entwirft mittels präzise gewählten Dialogpassagen – in der abstrakten Darstellung der animierten Roto-Pixel-Welt – ein mitfühlendes, menschliches Porträt. Der Film stellt Manning nicht als unehrenhaft entlassene*n (und später verurteilte*n) Soldat*in und Verräter*in dar, sondern als Individuum in einer Geschlechts- und Identitätskrise, dessen größte Furcht war, nicht geliebt zu werden. (identities Queer Film Festival)
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SETTLER ATTEMPTS TO TAKE DOWN PALESTINIAN FLAG
B'Tselem / Palästina 2014 / 3:30 min / OmeUAm 8. März 2014 filmt Shadi Sidr von B’Tselem – The Israeli Information Center for Human Rights in the Occupied Territories einen Siedler, als dieser versucht, die auf Sidrs Dach angebrachte palästinensische Fahne abzunehmen. Der Siedler verfängt sich jedoch im Stacheldraht, von dem das Dach umgeben ist. Die beiden Männer beginnen miteinander zu reden …
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O RETRATO DE IRINEU
João Cristóvão Leitão / Portugal 2014 / 4 min / OmeU»Das ist Irenäus, unfähig zu vergessen und mit einem unfehlbaren Gedächtnis versehen.«
Mit einem Voice-over aus Textausschnitten von Jorge Luis Borges und Ricardo Reis formt sich O RETRATO DE IRINEU zu einem philosophischen Porträt, dessen Bildfläche in Splitscreens zerstückelt ist.
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EMBARGO
Johann Lurf / Österreich 2015 / 10 min / OmdU (HoH)Mit ausgeklügelter Aufnahmetechnik haucht Johann Lurf mehreren österreichischen Rüstungsfirmen Leben ein – genauer gesagt deren architektonischer Oberfläche, dem aus der Distanz Sichtbaren, das sich dem Informationsembargo im Inneren widersetzt. Zum treibenden Gaming-Sound von Jung an Tagen verschieben sich Ebenen, glühen kontrastsatte Signallichter. Mitten unter uns und doch wie aus einer anderen Welt. (Diagonale)
Der Titel EMBARGO ist bewusst zweideutig gewählt, denn einerseits unterliegen viele mögliche Märkte für die Waffenindustrie einem Embargo, andererseits ist diese, um in Ruhe arbeiten zu können, darauf angewiesen, dass nach Möglichkeit ein Informationsembargo in eigener Sache wirksam wird. Waffenfirmen sind nicht gern in den Medien. (Johann Lurf)
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FACIAL WEAPONIZATION COMMUNIQUÉ: FAG FACE
Zach Blas / USA 2013 / 8 min / eOFFacial Weaponization Suite, work in progress des US-amerikanischen Künstlers und Kurators Zach Blas, protestiert gegen biometrische Gesichtserkennung und die Ungleichheiten, die diese Technologie propagiert, indem es »kollektive Masken« in Workshops herstellt, die aus den vereinten Gesichtserkennungsdaten der Teilnehmer*innen angefertigt werden. Die amorphen Masken, die nicht mehr als menschliche Gesichter identfiziert werden können, werden bei öffentlichen Interventionen und Performances eingesetzt. Das Gesicht wird Objekt und (Selbstverteidigungs-)Waffe. Neben der neonpinken Fag-Face-Maske, die sich mit Homosexualität auseinandersetzt, existieren bisher auch eine schwarze Maske und eine blaue Maske, die Rassismus und feministische Theorie thematisieren.
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DRONE BONING
Brandon LaGanke & John Carlucci / USA 2014 / 3 min / kein DialogDrone porn is a thing now! Ob Full-HD, Blu-ray, 3D, 4K, Google Glass oder Virtual Reality: Die Porno-Industrie zählt stets zu den Pionier*innen, wenn es neue Technologien für die eigenen Zwecke zu erproben gilt. DRONE BONING der beiden New Yorker Videokünstler Brandon LaGanke und John Carlucci aka GHOST+COW FILMS ist jedoch nicht als klassischer Pornofilm zu verstehen. Der erste Drohnen-Porno bietet mehr kritische als herkömmlich pornografische Inhalte. Nackte Menschen in schönen Landschaften bilden den Untergrund, auf dem das Musikvideo einen humorvollen Kommentar über Privatsphäre, Voyeurismus und Drohnenangriffe serviert.
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